Neues Berufsbild-Klinische Fachspezialistin (Physician Associate)

Das neue Berufsbild der Klinische Fachspezialistin, welches neu in unserer Praxis integriert ist, unterstützt mich im Rahmen des komplexen medizinischen Alltags, in der Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen und sorgt somit für eine optimale Patientenbetreuung im stationären Setting.

Integration neuer Berufsrollen in der Lindenhofgruppe: die Klinische Fachspezialistin (oder Physician Associate)

Was in den angelsächsischen Ländern längst etabliert ist, hält nun auch in der Lindenhofgruppe Einzug. Mit der klinischen Fachspezialistin oder Physician Associate (PA) und der Nurse Practitioner (NP) integrieren sich zwei neue Berufsrollen in die Behandlungsteams: Pflegende mit Zusatzausbildung, die eng mit der Ärzteschaft zusammenarbeiten und in Delegation ärztliche Tätigkeiten übernehmen.

Neue Modelle interprofessioneller Zusammenarbeit gelten als Schlüssel, um die zukünftigen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung zu meistern. Die beiden neuen Berufsgruppen PA und NP übernehmen eine wichtige Brückenfunktion zwischen Pflege und Ärzteschaft und entlasten die Ärzteschaft von klinischen Routineaufgaben oder administrativen Arbeiten. Sie sind Mitglieder des ärztlichen Teams und sind auch von diesen angestellt. Für die Pflegefachpersonen stellen die beiden Rollen eine attraktive berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeit dar.

In diesem Beitrag lesen Sie ein Interview mit Kristina Pranjic. Sie ist Klinische Fachspezialistin in der Belegarztpraxis von Dr. med. Anton Lukes und PD Dr. med. Christian T. Ulrich.

Frau Pranjic, wie sieht Ihr beruflicher Werdegang aus?

Kristina Pranjic: Meine erste Ausbildung begann ich mit 16 Jahren als Fachfrau Gesundheit und fuhr gleich mit der Ausbildung zur Pflegefachfrau HF weiter. Diese schloss ich 2012 ab und wurde dann ein Jahr später Stv. Stationsleitung auf der Neuro- und Kinderchirurgie am Lindenhofspital. Nach vier Jahren suchte ich eine neue Herausforderung und ich absolvierte am Inselspital Bern das Nachdiplomstudium Intensivpflege. Am Ende des NDS begann ich mit dem ersten CAS zur Klinischen Fachspezialistin und absolvierte dieses Jahr das Diploma of Advanced Studies als Klinische Fachspezialistin/Physician Associate.
Dieses Jahr gründete ich mit weiteren PA-Kolleginnen den Berufsverband Physician Associates Switzerland.

Wie kam es zu Ihrer Anstellung als klinische Fachspezialistin in der Praxis von Dr. med. Anton Lukes und PD Dr. med. Christian T. Ulrich?

Kristina Pranjic: Ich kannte Herrn Lukes seit meiner Tätigkeit auf der Neurochirurgie am Lindenhofspital und bereits bei meinem Abschieds-Apéro erhielt ich von ihm das Angebot, nach meinem NDS als Physician Associate bei ihm zu arbeiten. Da war ich mir noch unsicher und wollte mich zuerst auf mein NDS-Studium konzentrieren. Nach dem NDS begann ich Dr. med. Lukes im OP zu assistieren und ich konnte mir eine Zusammenarbeit gut vorstellen. Ich präsentierte die Funktion der PA an einer Fachgruppensitzung der Neurochirurgen, um auch anderen Neurochirurgen die Möglichkeit zu geben, mit uns das Projekt zu starten. Danach entschied sich auch PD Dr. med. Ulrich mich auch einzustellen und mit mir zusammen die Tätigkeit am Lindenhofspital aufzunehmen. Da ich das Lindenhofspital bestens kannte begannen wir im August 2020 mit der Rollenimplementierung.

Frau Pranjic, Sie sind eine Pflegefachperson mit einer Weiterbildung zur Klinischen Fachspezialistin. Was zeichnet diese Rolle aus?

Kristina Pranjic: Einer der bedeutendsten Punkte ist die Behandlungskontinuität, die Patientinnen und Patienten wissen, dass ich täglich auf Visite komme, sie haben eine Ansprechperson, die auf ihre Bedürfnisse und Anliegen eingeht, die nicht mehr unter die Kompetenz der Pflege fallen. Zusätzlich wird der Belegarzt stark entlastet, wird nicht im OP oder in der Sprechstunde gestört. Dadurch ist sein Ablauf reibungsloser und konzentrierter. Zusätzlich hat man festgestellt, dass die Liegedauer von Patientinnen und Patientensinkt, wenn eine PA mitbetreuend ist (Studien aus dem Ausland und hausinterne Zahlen können das belegen).

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Kristina Pranjic: Mein Alltag beginnt mit einer Besprechung mit den Belegärzten. Wir besprechen die Patientensituationen und legen den Behandlungsprozess, weitere Untersuchungen und Ziele fest. Danach organisiere ich mich in der Praxis und gehe auf die Station zur Visite. Nach der Patientenvisite, bespreche ich mich mit der Pflege oder weiteren mitbehandelnden Diensten.
Ich mache, im Auftrag und in Rücksprache mit der Belegärztin oder dem Belegarzt, Verordnungen auf der Station und für die weitere Dokumentation ziehe ich mich in die Praxis zurück und bereite unter anderem auch die Austrittsberichte vor. Patienteneintritte werden von mir untersucht und alles halte ich dann im KISIM fest. In der Praxis bin ich für Wundkontrollen oder ambulante Punktionen zuständig. Auch für die Praxisassistentinnen ist meine Funktion eine Erleichterung, da ich jederzeit da bin, um Fragen zu beantworten oder Patientinnen und Patienten direkt eine telefonische Auskunft geben kann.

Wo liegt der Nutzen, den die Ärzteschaft, Ihre Pflege-Kolleginnen und -Kollegen und die die Patientinnen und Patienten daraus haben?

Kristina Pranjic: Die Rolle ist in meinen Augen das perfekte Bindeglied zwischen all den Fachdisziplinen, Patientinnen und Patienten. Es gibt eine klare Ansprechperson von 07.00-15.30 Uhr, Fragen werden direkt geklärt und es kommt zu keinen Wartezeiten oder Unterbrüchen. Die Arbeitseffizienz aller Parteien wird gefördert.

Gibt es weitere Parteien, die Nutzen aus der Klinischen Fachspezialistin haben?

Kristina Pranjic: Alle mitbehandelnden Dienste haben einen Nutzen davon, wie vorhin schon erwähnt. Ich arbeite sehr eng mit der Physiotherapie, dem Case-Management, der Ernährungsberatung und Konsiliarärztinnen und -ärzten zusammen. Auch erlebe ich die Zusammenarbeit mit der Intensivstation, sowie mit dem Notfall als sehr positiv und werde von allen Disziplinen akzeptiert.

Sie übernehmen mehr Arbeiten, die bis anhin der Ärzteschaft vorbehalten waren. Was für Reaktionen erhalten Sie von Patientinnen und Patienten?

Kristina Pranjic: Ich versuche, so gut es geht meine Funktion den Patientinnen und Patienten zu erklären. Dies hilft ihnen, meine Rolle zu verstehen. Bisher habe ich nur positive Rückmeldungen von Patienten und Patientinnen erhalten. Sie schätzen die Funktion sehr, denn sie wissen genau, dass ich jeden Morgen vorbeikomme und auf Ihre Bedürfnisse und Anliegen eingehe. Der Arzt kommt dann für die Fragen, die durch mich nicht beantwortet werden können oder für spezifische Fragen mit Bezug auf die OP. Wir haben sehr gute Rückmeldungen von unseren Patienten zu unserem Behandlungskonzept erhalten.

Wie sind die Rahmenbedingungen für die Tätigkeit als Klinische Fachspezialistin?

Kristina Pranjic: Rechtlich geregelt wird alles über den Arbeitsvertrag mit der jeweiligen Belegärztin oder dem Belegarzt als Arbeitgeber. Dieser erteilt der PA die Kompetenzen, die sie eigenständig oder unter seiner Kontrolle durchführen darf. Rote Linie sind die gesetzlich geregelten Tätigkeiten, die Medizinalpersonen vorbehalten sind. Tätigkeiten. Die PA kann aktuell noch nicht selber abrechnen, was sie im ambulanten Setting sehr einschränkt.

Was war der schönste Moment in Ihrer bisherigen Tätigkeit als Klinische Fachspezialistin?

Kristina Pranjic: Einen einzigen Moment kann ich gar nicht beschreiben, da es viele gab. Für mich ist es ein schöner Moment, wenn sich eine Patientin oder ein Patient zufrieden äussert, sich im Behandlungsteam sicher fühlt und sich auch Monate später an mich erinnern kann. Dies ist für mich ein Zeichen, dass ich meinen Job gut gemacht habe. Und wenn ich dann Schokolade oder Blumen geschenkt bekomme, versüsst mir dies meinen Tag und schenkt mir wunderbare glückliche Momente.

Liebe Frau Pranjic, herzlichen Dank für Ihre Zeit und diese interessanten Einblicke.

Ein Interview mit Kristina Pranjic, durchgeführt vom Bereich Unternehmenskommunikation & Marketing und dem Bereich Fachentwicklung Pflege